• 07-2022 - Offenbach-Post: Vom Nährwert der Kunst

    01.07.2022 

    Von: Reinhold Gries


    In seiner neuesten Ausstellung im Alten Haus zeigt das Seligenstädter Kunstforum kulinarische Malerei und Fotografie.


    Seligenstadt – Wer kennt sie nicht, diese zeitgenössisch-verkopften Kunstausstellungen, in denen weitgehend sinnliche Bezüge zum normalen Leben und Treiben von uns Menschen fehlen? Die Kuratorinnen Ruth Wahl und Nanette Kernstock von Seligenstadts Kunstforum gehen nun den umgekehrten Weg und inszenieren ihre Schau „Vom Essen in der Kunst“ in den Räumen des Alten Hauses mit Opulenz. Vor Jahren hieß das noch „Neue Prächtigkeit“.

    Angeregt wurden die Initiatorinnen von Projekten der vielseitigen Eifel-Künstlerin Andrea Montermann, die von ihrem Mendiger Studio nahe des Laacher Sees unter dem Namen „Andy Mo“ Kunst vom Kopf auf die Füße stellt. Mit popartiger, expressiver und fotorealistischer Malerei auf Leinwand, Drucken auf Metall, Graffitikunst und gesellschafts- wie umweltkritischen Kunst-Inszenierungen hat sich „Mo“ einen Namen gemacht. Seit einiger Zeit hat sie sich auf „Soul-Food-Art“ spezialisiert und dabei intensiv mit der Kultur der Lebensmittel auseinandergesetzt, in der es viel um Lebensfreude und Sinnlichkeit geht. Einblick in ihre große Koblenzer Schau „Aufgetischt: Kunstvoller Nährwert von Andy Mo“ gibt nun die enorm farbenfrohe Seligenstädter Auswahl.

    Dabei ist nicht zu übersehen, dass Mo manchen Köchinnen und Köchen in Deutschland, Italien oder Frankreich tief in die Töpfe geschaut hat. In ihren vitalen Gemälden lässt sie sich von keiner Farbenlehre bremsen und dabei auch Gefühlen, Essgelüsten und Malkünsten freien Lauf. Nicht nur bei Formaten wie „Spargelküche“, „Hummer und Meer“, „Wodka, Fisch und Kaviar“, „Fromage et Vin“ oder „Homard et Cidre“ läuft den Betrachtern das Wasser im Mund zusammen. Mit viel Energie feiert hier eine Lebensgenießerin auch andere irdische, oft urbane Freuden unseres Daseins wie bei „Urbanes Törtchen“, bei der Vespa-Studie „Au coeur de Paris“ oder bei der Impression „Marché de Biarritz“.

     Der Funke malerisch-kulinarischer Begeisterung springt auch auf die anderen Aussteller über. Die in Darmstadts stillgelegtem grünem Nordbahnhof wirkende Malerin Eva Leitschuh hat eigens für Seligenstadt eine Reihe von Bildern gefertigt, deren malerische Qualität überragt. Im Ölgemälde „Fisch mit Zitrone“ ist ihr ein atmosphärisches Meisterwerk gelungen, das es mit großen Stillleben des 18./19. Jahrhunderts aufnehmen kann. Für einen Raum im Alten Haus hat Leitschuh ein komplettes Mal-Menü zusammengestellt, von der Vorspeise über Hauptgang – Heißes Fleisch mit Beeren und Beilagen – hin zum süßen Nachtisch und magenschließenden Endgenuss. „Hmm!“ heißt es auch bei weiteren Köstlichkeiten aus Leitschuhs Pinsel, oft mehr im klassisch-modernen Kompositionsstil gemalt als bei der wilden „Mo“.

    Die Wiesbadenerin Anke Rohde macht aus ihrer malerischen Kulinarik eine Art Kulturgeschichte, in der auch Räume und Gebäude eine Rolle spielen. Motive, flüchtige oder alltägliche Momente findet sie meist im urbanen Umfeld, das sie inszeniert wie einst ein Edward Hopper. Sehr gut bekommt dieses Vereinzelungskonzept den Frankfurter, Offenbacher, Düsseldorfer oder Lissaboner Kiosks und „Wasserhäusjen“, die bei Rohde zu Monumenten alltäglicher Genüsse und Glückseligkeiten gedeihen.

    Melancholie fehlt nicht, denn manche dieser Genusstempelchen sind aus dem Stadtbild verschwunden. Der Verlockung kaum widerstehen kann man bei Rohdes Serie „Gemischte Tüten“. Da möchte man am liebsten zulangen, während in einem beim Betrachten lebensnah gemalter Lakritze-Schnecken und Gummibärchen sowie süßer Amore-Herzen in gestreiften Tüten Erinnerungen an die Kindheit oder an spannende Spiele im TV-Programm aufsteigen, die manche Dolci-Tüten haben verschwinden lassen.

    Da hat es der Seligenstädter Food-Fotograf Mathias Neubauer, Kulturpreisträger seiner Stadt, nicht leicht, mit solch schmackhafter Malerei mitzuhalten. Aber auch er setzt bei in strenger Ästhetik halbierten Speisen-Fotos auf Hunger nach Genuss und Auszeit.

    Bekannt geworden ist Neubauer durch professionelle Illustrationen von Kochbüchern, denen er eine neue inspirierende Ästhetik verleiht. Man sieht es an den Groß- und Kleinformaten „Dosenfisch“, „Weinsinnig“, „Erdbeeren“, „Ei, Ei“ oder „Grüne Sauce“, wie der Foto-Designer uns Konsumenten Ess- und Sehkultur grundlegend nahebringt – nie ohne Blick auf den Nährwert von Kunst. (Reinhold Gries)


    „Prost Mahlzeit – Vom Essen in der Kunst“

    Die Ausstellung ist vom 3. Juli bis 11. September im Alten Haus, Frankfurter Straße 13., zu sehen. Eröffnung ist am Sonntag, 3. Juli, um 17 Uhr. Das Kunstforum hat geöffnet Fr, Sa, So 15-18 Uhr und nach Vereinbarung unter 06182 924451.

  • 11-2020 - VRM Lokal: Künstlerin Anke Rohde in Wiesbaden-Schierstein geht Corona-Sonderweg

    Von Anja Pietsch | WIESBADEN | 16.11.2020


    Die Wiesbadener Künstlerin und Galeristin Anke Rohde hat genau wie alle anderen freischaffenden Künstler*innen derzeit mit den Corona-Bedingungen zu kämpfen. Das hat sie kreativ gemacht: Die zwei großen Schaufenster ihres Ateliers in Wiesbaden-Schierstein brachten sie auf die Idee, diese Fläche bis Weihnachten anderen Kolleg*innen zur Verfügung zu stellen.


    Anke Rohde, Mitglied im Künstlerverein Walkmühle, im Mainzer "Kunstverein Eisenturm" und neu im Wiesbadener Kulturbeirat, war es schon lange wichtig, zu vernetzen und gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Bereits 2017 hatte sie eine ähnliche Aktion angestoßen, damals zugunsten des Fördervereins Fasanerie. Nun heißt es wieder "Ankes Lieblinge – ausstellen und fördern". Alle sind eingeladen, ganz coronakonform einen ausführlichen Blick in die beiden Schaufenster in der Kettenbornstraße 3 zu werfen und bei Interesse ein Werk zu erwerben. Zu sehen sind jeweils 14 Tage lang Bilder von Katharina Reschke, Sabine Steimer und Herbert Lammers.


    Überwältigung des Betrachters durch Flächen, Farben und Schönheit


    Den Auftakt machte bereits am 8. November die Künstlerin Katharina Reschke, die in Wiesbaden freischaffend tätig ist. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt auf großformatigen Stillleben von Designobjekten. Die Bilder zielen auf die Überwältigung des Betrachters durch Flächen, Farben und Schönheit ab.


    Ab dem 21. November sind die Arbeiten der Mainzer Künstlerin Sabine Steimer zu sehen. Ihr Schwerpunkt liegt in der sachlichen und reduzierten Darstellung alltäglicher Dinge. Sie lenkt den Blick auf Spiegelungen, Reflexionen und Details.


    Arbeiten der Künstler sind jederzeit von außen zugänglich und sichtbar


    Als dritten Künstler präsentiert Anke Rohde vom 5. bis 20. Dezember 2020 Herbert Lammers. Seine Arbeiten umfassen digital bearbeitete Fotos und Malerei gegenständlicher Sujets.


    Die Arbeiten der Künstler*innen sind jederzeit von außen zugänglich und sichtbar – im künstlerischen "Lockdown" eine gute Möglichkeit, Kunst zu genießen und sich inspirieren zu lassen und ein Ausdruck gelebter künstlerischer Solidarität.

  • 09-2020 - Wiesbaden aktuell: Kulturbeirat Wiesbaden hat fünf neue Mitglieder

    Im Frühjahr wurde der neue Kulturbeirat gewählt. Aufgrund der Pandemie konnte die neue Zusammensetzung des Gremiums allerdings erst Donnerstag, 17. September, von der Stadtverordnetenversammlung offiziell zur Kenntnis genommen werden. Fünf Mitglieder des 24-Köpfigen Beirats sind neu im Amt, die Übrigen wurden bestätigt.


    Die Stadtverordneten haben am Donnerstag, 17. September, die neue Zusammensetzung des Kulturbeirats für die zweite Wahlzeit von weiteren zwei Jahren offiziell zur Kenntnis genommen.


    Die insgesamt zwölf nach Sparten zu besetzenden Mitglieder des Beirats wurden im April neu gewählt. Die Zusammensetzung der ersten Wahlzeit des Kulturbeirats war nach pandemiebedingter Verzögerung der Stimmenauszählung zunächst im Amt geblieben.


    Zwei neue Vertreter der freien Szene


    Die freiberufliche Künstlerin und Gründerin vom Atelier & Projektraum in Schierstein, Anke Rohde, besetzt die Sparte Bildende Kunst. Spartenunabhängig ist die Journalistin Anja Baumgart-Pietsch neu im Beirat. Die Sparte Hochschule und angewandte Künste blieb mangels Kandidatur unbesetzt. Alle anderen Spartenvertretungen konnten sich bei der Wahl erneut durchsetzen.


    Drei neue Vertreter der Institutionen


    Das damit 24-köpfige Gremium setzt sich zudem aus Vertreterinnen und Vertretern der großen Kulturinstitutionen Wiesbadens und politischen Mitgliedern der Fraktionen zusammen. Für die Volkshochschule ist seit Juli deren neue Leiterin Dr. Stephanie Dreyfürst benannt. Die Mitgliedschaft für das Hessische Landesmuseum vertritt bereits seit Herbst des vergangenen Jahres Dr. Jörg Daur als stellvertretender Direktor des Museums. Die SPD schickt mit Joachim Tobschall ebenfalls einen neuen Vertreter in das Gremium.


    Informationen zu allen Mitgliedern und der Arbeit des Kulturbeirats finden sich auf der Website des Kulturbeirats.

  • 05-2018 - Hanauer Anzeiger: Trinkhallen auf Leinwand gebracht

    Künstlerin Anke Rohde zeigt hyperrealistische Malereien in der Remise


    Von Andrea Pauly


    HANAU Trinkhalle, Kiosk, Wasserhäuschen, Bude, Späti, – die Bezeichnungen sind so vielfältig wie das Angebot und die Besucher. Denn Trinkhallen haben meist ausgedehnte Öffnungszeiten und bieten mehr als das Bierchen für die „Drum-Herum-Steher“. So gehören auch die Frankfurter Wasserhäuschen seit Jahrzehnten zum Stadtbild als Kulturgut und „Babbeleck“. Auch wenn sie zur Rarität geworden sind, da viele von ihnen abgerissen oder umfunktioniert wurden. Die in Wiesbaden lebende Künstlerin Anke Rohde nähert sich dem vielschichtigen Sujet Trinkhalle mit  hyperrealistischen Malereien, welche die Kioske als urbane Stillleben zeigen. Aktuell zeigt sie eine Auswahl ihrer meist großformatigen Werke und einige Skizzen dazu unter dem Titel „Take away & To Go“ beim Hanauer Kulturverein in der Remisengalerie von Schloss Philippsruhe. Ein Zeitungsartikel über das Verschwinden der Trinkhallen im Raum Frankfurt mit dem Foto einer Trinkhalle weckte seinerzeit Rohdes Interesse und nach einigen Recherchen zog sie im September 2015 mit ihrer Kamera los, besuchte die noch bestehenden Büdchen in Frankfurt und fotografierte sie – allerdings menschenleer. Denn die Künstlerin näherte sich dem Thema mit ihrer Faszination für die häufig einzeln stehenden kleinen Gebäude mit all ihren Facetten und Details – den Auslagen in den Fenstern von Fruchtgummibox-Türmen, über Alkoholika bis zu Zeitschriften und den Schildern auf den Dächern sowie vor den Buden. Entstanden sind hyperrealistische ästhetische Bilder, die eine fast andächtige Ruhe ausstrahlen. Anke Rohde lebt und arbeitet in Wiesbaden. Sie widmet ihre gegenständliche, zum Teil hyperrealistische Malerei häufig dem urbanen Umfeld. Und so findet man in ihren Bildern „Großstadttreter“ wie den Converse Turnschuh, Hochhausfassaden, Schaufensteransichten und aktuell nun das Thema Trinkhallen. Inzwischen gibt es in Frankfurt sogar einen Verein zum Erhalt der Frankfurter Wasserhäuschen. „Linie 11“ setzt sich dafür ein, diese Lokationen auf Dauer zu erhalten und zu beleben. Darüber hinaus hat man hier das Ziel, den Leuten die „Angst“ vor dem Büdchen zu nehmen, und gerade auch generationsübergreifendes Vertrauen zu schaffen. „Ein Büdchen hat immer kalte Getränke; am Büdchen gibt’s immer was zu hören. Wasserhäuschen sind für eine Vielzahl von Menschen der Punkt, um sich auszutauschen, sein Feierabendbier zu trinken, oder sich einfach eine gemischte Tüte zu holen. Die Buden gehören zum Stadtbild von Frankfurt, wie die Mussigg zum Handkäs“ so der Verein.


    ➔ Die Ausstellung Trinkhalle, Büdchen & Co. von Anke Rohde geht bis Sonntag, 27. Mai und wird vom Hanauer Kulturverein in der Remisengalerie von Schloss Philippsruhe präsentiert. Die Öffnungszeiten sind jeweils samstags, sonntags und Pfingstmontag von 14 bis 17 Uhr.

  • 05-2018 - Art Profil Kunstmagazin: Anke Rohde: Rhythmen der Großstadt.

    S C H W E R P U N K T T H E M A: 

    Malerische Reflexionen moderner Urbanität.


    Anke Rohde: Rhythmen der Großstadt.


    Ausstellung vom 12. bis zum 27. Mai 2018 in der Remisengalerie, Schloss Philippsruhe, Hanau


    Von Caroline Messelhäußer, M.A.


    Bei den gegenständlichen, teilweise geradezu hyperrealistisch gemalten Bildfindungen der hier vorgestellten Künstlerin Anke Rohde handelt es sich um real existierende Orte, verortet in einer urbanen Struktur. So wie die Künstlerin im Moment der Betrachtung das Objekt wahrnimmt, resultiert dies im Inhalt ihrer Arbeiten. „Es handelt sich quasi um die malerische Verdichtung des Augenblicks“, so Anke Rohde. Neben - beispielsweise Gebäuden mit Spiegelungen sowie Lichtreflexionen oder Häuser- und Hochhausfassaden – arbeitet sie derzeit an der Serie „Trinkhallen“. Ihr Interesse an diesen, meist singulär stehenden, kleinen innerstädtischen Bauwerken wurde aufgrund eines Artikels geweckt, welcher von deren Verschwinden aus der urbanen Struktur handelte. Von Neugierde gepackt, zog sie mit der Fotokamera los, um sich einige dieser Objekte genauer anzusehen. Die Trinkhallen, die auch als Buden, Büdchen, Wasserhäuschen oder schlichtweg als Kiosk bezeichnet werden, haben ihren Ursprung ungefähr in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, im Zuge der Industrialisierung. Bei dem Werk „Petersstraße Frankfurt“ der in Wiesbaden wohnenden und arbeitenden Künstlerin ist zu erkennen, was sie daran so fasziniert: Für manche Betrachter mag solch eine Trinkhalle ein umstrittener Ort sein, ein regelrechter sozialer Treffpunkt, wo Personen aus den unterschiedlichsten Milieus zusammenstehen, sich unterhalten, etwas kaufen, essen, trinken und rauchen.


    Für andere hingegen, wie auch für die Künstlerin, ist es ein nostalgischer und lebendiger Platz. Die Auslagen und Dekorationen der Fenster, die Schilder und Werbe-Schilder, die Kritzeleien - all das wirkt in unserer doch sehr schnelllebigen Zeit eher ruhig, geradezu melancholisch. Durch ihre Bildwerke bleiben diese Zeitzeugen, die es glücklicherweise in ihrer charakteristischen Art noch in einigen deutschen Städten wie in Frankfurt am Main oder in Berlin gibt, erhalten und sind so wenigstens malerisch vor der Vergänglichkeit und dem Vergessen geschützt.


    Ein weiteres Sujet in ihrem künstlerischen Schaffen ist die Darstellung von Schaufenstern aller Art, zum Beispiel mit Stoffen oder Blumen bestückt, aber auch von Eisdielen und insbesondere von Bekleidungsgeschäften, wie das Werk „Repeat II“ exemplarisch zeigt. In den großen Fenstern, über zwei Stockwerke hinweg, befinden sich Schaufensterpuppen und in den Scheiben spiegelt sich die Umgebung: Bäume und Gebäude überblenden und verwirren regelrecht den Blick des Betrachters in die Auslage des Geschäfts. Zugleich ist es die Momentaufnahme eines Zusammenspiels mehrerer Faktoren, denn je nach Tageszeit oder Wetter ändert sich die Spiegelung in dem Fenster, so dass dieses bei jedem Betrachten wie ein eigenes Bild erscheint und somit niemals gleich aussieht. Außerdem wurde dieser Rundbau - wieder als ein Symbol für das menschliche Erschaffen - in den 1950er Jahren errichtet, die hier ausgestellte Mode ist hingegen aus dem Frühjahr und die Reflexion geschieht im Jetzt.


    Seit 2009 existiert zudem eine spezielle „Porträt“-Serie mit den Kultschuhen der Marke „Converse“. Diese auch als „Chucks“ bezeichneten Schuhe wurden quasi von jedem getragen, sind sportiv und lässig, aufgrund ihres stofflichen Materials allerdings nicht sehr langlebig. Für die Künstlerin zeigen diese Schuhe den Charakter des Trägers, der im Übrigen, zu fast jedem dargestellten Schuh, der Künstlerin bekannt ist. Konträr zu dem detailgetreu-realistisch gemalten Chuck, der mit Liebe getragen wurde und auch viel durchlebt hat, ist der Hintergrund oftmals unscharf, abstrakt oder ornamental abgebildet. So in dem Werk „26.04.15“, bei dem der weiße und mit schwarzer Schrift versehene Hintergrund wie ein Emblem absolut realistisch dargestellt ist. Der Tag der Fertigstellung ist zugleich auch der Titel dieser Kompositionen.


    Die Künstlerin Anke Rohde ist fasziniert von allem, was der Mensch, auch handwerklich errichtet und herstellt. Architektur, Stadtarchitektur, Malerei, Musik, aber auch beispielsweise Graffiti sind für sie der „geballte Ausdruck von Kultur“, und dies setzt sie spannend-gekonnt in ihrem künstlerischen Schaffen bildhaft um.


    Ein Bericht aus: ARTPROFIL - Magazin für Kunst, Heft 126, © Syntax. Projektfabrik GmbH, 68219 Mannheim, Deutschland, www.artprofil-kunstmagazin.com, E-Mail: redaktion@artprofil-kunstmagazin.com

  • 03-2018 - Frankfurter Neue Presse: Deshalb lohnt sich die Realismus-Ausstellung in der Kommunalen Galerie

    Eine Büste, 18 Gemälde und eine Zeichnung, alle mit den Schwerpunkten Foto- und Hyperrealismus, zieren derzeit die Kommunale Galerie in der Walldorfer Stadthalle. Die Palette der Motive ist ebenso vielfältig wie beeindruckend.


    Mörfelden-Walldorf.  


    Sehen und gesehen werden. Ausstellungseröffnungen in der Kommunalen Galerie in Walldorf zählen zu den kulturellen Höhepunkten in der Doppelstadt. Einmal mehr ist es Organisator Otto Schaffner gelungen, mit der Galerie Ulrich Gering aus Frankfurt eine sehens-und erlebenswerte Schau an Land zu ziehen. Gezeigt werden 18 Gemälde, eine Zeichnung und eine Büste aus Terracotta zum Thema „Realismus – Eine Bildsprache gestern und heute“ mit zeitgenössischer, realistischer Kunst und den Schwerpunkten Foto- und Hyperrealismus.


    Rund 60 Gäste waren zur Vernissage gekommen, darunter treue Besucher aus den Reihen einheimischer Künstler. Alle nutzten die Gelegenheit zu angeregten Gesprächen mit jedoch nur wenigen der ausstellenden Künstler. Dass nicht alle erschienen waren, liegt laut Schaffner daran, dass für viele die Anfahrt zu lang gewesen wäre.


    Dem Stil treu geblieben


    Auch Bürgermeister Heinz-Peter Becker ließ es sich nicht nehmen, die neue Ausstellung mit all ihren Impressionen zu bewundern und die Kunstinteressenten zu begrüßen. Er dankte Schaffner, dass er sie ermöglicht hat, und wies darauf hin, dass die ausstellende Galerie seit 1973 besteht, seit 1981 in Frankfurt. Sie sei ihrer Stilrichtung stets treu geblieben. Galerist Ulrich Gering begleite darüber hinaus den jährlichen Skulpturenpark in Mörfelden-Walldorf als Jurymitglied.


    Gering erinnerte in einer kurzen Ansprache an den Wandel der Kunst seit dem Dritten Reich. Die „Jungen Wilden“ hätten die Malerei in den 1980er Jahren übernommen. Dabei sei der Realismus in den Hintergrund getreten. Trotz-dem habe er 1981 seine Galerie mit dieser Stilrichtung in Frankfurt eröffnet. Jeder Künstler versuche, seine Geschichten zu erzählen. Die Bilder hätten ihre Ziele erreicht, wenn sich Betrachter darin selbst fänden.


    Lächeln der Mona Lisa


    Zu den beeindruckendsten Arbeiten der Schau zählt das 50 mal 40 Zentimeter messende Ölporträt einer jungen Frau von Michele Fiore, deren kaum wahrnehmbares und geheimnisvolles Lächeln an das der Mona Lisa erinnert. Die schulter- und armfreie rote Bekleidung sowie der rote Turban der jungen Frau mit ebenfalls rot geschminktem Mund verschmelzen geradezu mit dem im gleichen Rot gehaltenen Hintergrund zu einer Einheit. „Optisch übrig“ bleibt lediglich die blasse Haut des Gesichts, des Halses, des Dekolletés und der Oberarme.


    Wie eine Fotografie wirkt das Gemälde „Christin 2“. Im Format 80 mal 190 Zentimeter hat Peter Handel mit Ölfarben die Ganzkörperansicht einer liegenden Frau auf die Leinwand gebracht. Zu den Exponaten zählen aber auch Motive wie drei Tassen, Gebäudeansichten, auch mal schräg, Straßenzüge mit Schaufenstern und Spiegelungen darin.


    Hinzu kommen die großformatige Ansicht eines in gedeckten Farben gehaltenen, aber dennoch nicht düster wirkenden Herbstwaldes mit in der Ferne aufsteigendem Nebel, sowie ein Porträt, das ab der Augenpartie in eine Stadtansicht von Barcelona übergeht, Landschaften und Venedig. Die Stadtansicht der einstigen Handelsmetropole zeigt unter anderem eine kleine Werft für Gondeln und Gebäude von morbidem Charme hinter einer der vielen Brücken. Sie spiegeln sich im grünen Kanal mit sanften Wellen der Lagunenstadt.


    Die älteste Arbeit, die gezeigt wird, ist eine unter Glas gerahmte Bleistiftzeichnung von Eugen Jak aus dem Jahr 1905. Die aussagekräftigen Striche auf dem vergilbten Papier zeigen eine alte Frau mit Lebensspuren im Gesicht und entblößtem Oberkörper im Profil. Ausgestellt sind unter anderem Arbeiten der Künstler Claus Delvaux, Clemens Erlenbach, Joerg Eyfferth, Michele Fiore, Manfred Hönig, Sabine Liebchen, Anke Rhode, Gerda Raichle und Johannes Schramm. Für die musikalische Untermalung der Vernissage sorgte Siggi Liersch mit Gitarrenklängen und Gesang.


    Am morgigen Mittwoch gibt es von 18.30 Uhr an einen literarischen Abend mit Hans ter Wolbeek und Hartwig Kittler. Die Finissage am letzten Ausstellungstag, Sonntag, 25. März, wird von dem Pianisten Gerd Koellner begleitet. Bis dahin kann die Ausstellung in der Kommunalen Galerie über der Walldorfer Stadthalle, Waldstraße 100, mittwochs, samstags und sonntags jeweils von 15 bis 18 Uhr kostenfrei besichtigt werden.

  • 03-2018 - Echo Mörfelden-Walldorf: Kommunale Galerie in Walldorf zeigt fotoähnliche Malereien

    Von Sebastian Schwappacher


    MÖRFELDEN-WALLDORF - Auf den ersten Blick sind einige der Gemälde nicht von einer Fotografie zu unterscheiden. Tritt man in der Kommunalen Galerie näher an die Leinwände heran, werden unzählige feine Pinselstriche sichtbar. Die Werke auf diesen Aspekt zu reduzieren, wäre aber verfehlt. Den Künstlern der Ausstellung „Realismus - Eine Bildsprache, gestern und heute“ geht es nicht um das bloße reproduzieren. Sie schaffen eigene Welten, spielen mit Perspektiven, greifen Stimmungen und Lichtverhältnisse auf.


    Rund 60 Besucher kamen in die Stadthalle, wo Liedermacher Siggi Liersch zwischen Leinwänden und einer Skulptur Gitarre spielte und Lieder von Bob Dylan und John Lennon sang. „Der Saal ist voll, die Arbeit hat sich gelohnt“, zeigte sich Galerist Gering zufrieden. Seit 1973 vertritt er ausschließlich zeitgenössische, realistische Kunst mit Schwerpunkt Foto- und Hyperrealismus.


    Die Ausstellung „Realismus - Eine Bildsprache, gestern und heute“ ist noch bis zum 25. März zu sehen. Zur Finissage spielt Gerd Koellner ab 18.30 Uhr am Klavier. Bis dahin hat die Kommunale Galerie mittwochs, samstags und sonntags, jeweils von 15 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Zu finden ist der Ausstellungsraum in der Stadthalle, in der Waldstraße 100.


    Die Ausstellung in Walldorf konzipierte er abwechslungsreich und mit unterschiedlichen künstlerischen Ansätzen. Straßenzüge, tosende Wellen und ein Stillleben aus drei Tassen sind zu sehen.


    Ein Ölgemälde von Peter Handel fällt sofort ins Auge. Sein großformatiges Werk „Christin 2“ hängt prominent gegenüber dem Eingangsbereich und zeigt eine schlafende Frau im Badeanzug, die seltsam entrückt zu träumen scheint. Drängt sich hier ein Vergleich von malerischer Perfektion und Fotografie besonders auf, sind andere Werke weit weniger fotorealistisch angelegt.


    Das Motiv hängt immer vom Künstler ab


    Wie genau ein Motiv werde, hänge immer am Thema, dass ein Künstler bearbeite, erklärte Galerist Gering. Einen Wettstreit zwischen realistischer Malerei und Fotografie sieht er nicht. „Ein guter Realist erfindet seine Wirklichkeit“. So könne sich ein Maler auf der Leinwand freier ausdrücken und unterscheide sich durch seinen Erfindungsgeist vom Naturalisten oder Fotografen. Ob die ausgestellten Motive eine Entsprechung in der Wirklichkeit haben, bleibt das Geheimnis der Künstler. Weniger beeindruckend macht es sie aber nicht. So zieht einen nicht nur der „Herbstwald“ von Jürgen Schmitz sofort in den Bann. Im Bildhintergrund strahlt die Sonne gleißend hell und schafft einen starken Kontrast zu den dunkel gehaltenen Bäumen. Ganz anders eine Szene aus Venedig, die Manfred Hönig auf die Leinwand brachte. Wirkt der Wald rätselhaft und latent bedrohlich, ist Hönigs Gemälde klar und offen. Weitere Werke stellen Claus Delvaux, Clemens Erlenbach, Joerg Eyfferth, Michele Fiore, Sabine Liebchen, Anke Rhode, Gerda Raichle und Johannes Schramm aus.


    Im Rahmen der Vernissage bedankt sich Bürgermeister Heinz-Peter Becker (SPD) bei den Aktiven der Kommunalen Galerie und vor allem Ulrich Gering sowie dessen Künstlern. Dabei erinnerte Becker daran, dass Gering Mörfelden-Walldorf seit vielen Jahren verbunden ist und als Jurymitglied regelmäßig den Skulpturenpark unterstützt. Auch durch dieses Engagement habe sich die Freiluftausstellung so gut entwickeln können, so Becker.


    In der Kommunalen Galerie geht es im April mit der Jahresausstellung des südhessischen Berufsverbands Bildender Künstlerinnen und Künstler weiter. Im Sommer ist dann eine Gemeinschaftsausstellung von Reiner W. Kemmler, Kathrin Gordan und Otto Schaffner geplant.

  • 11-2017 - Pressemitteilung: ANKES LIEBLINGE – ausstellen und fördern

    "ANKES LIEBLINGE"


    Ausstellung im Atelier & Projektraum von Anke Rohde in Wiesbaden-Schierstein zugunsten des Fördervereins Fasanerie e.V. 


    "ANKES LIEBLINGE – ausstellen und fördern" heißt eine neue Ausstellungsreihe in Wiesbaden-Schierstein, initiiert von der Künstlerin Anke Rohde. Die erste Ausstellung zeigt Bilder der Malerin Angela Cremer, Fotografien von Brigitta Fiesel, Skulpturen unter anderem von Wilma Hagemann und natürlich auch Bilder von Anke Rohde. Die Ausstellung wird am 25. November eröffnet. Die Künstler sowie die Vorsitzende des Fördervereins Fasanerie e.V. Conny Kempken sind persönlich anwesend.


    Anke Rohde sind zwei Dinge wichtig, die sie durch diese Ausstellung verwirklichen möchte: Die Vernetzung von Künstlern, sowie die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung.

    In ihrer künstlerischen Arbeit ist Anke Rohde seit einigen Jahren dem Thema Spiegelung/Reflektion auf der Spur. Angefangen hat die Erforschung mit den Reflektionen in den kleinen Sanbitter-Glasflaschen. Schnell war der urbane Raum als Quelle unendlicher Spiegelungen gefunden. Die spannende Zwiesprache der Waren hinter dem Glas und dem Leben vor dem Glas fängt Anke Rohde mit ihrer fotorealistischen Malweise ein.


    Angela Cremer untersucht in ihrer Arbeit die Bedeutung der Malerei an sich und in ihrem zeitgenössischen Kontext. Fragestellungen zur Balance zwischen Oberfläche, Material und Motiv interessieren sie dabei genauso, wie die Möglichkeit, Malerei jenseits von Sprache zu rezitieren. Sie hinterfragt die Grenzen der Malerei, versucht, diese zu erweitern. Irritationen bei der Betrachtung, hervorgerufen durch das Material, motivisch ans Ornament angelehnte Darstellungen, und die monoton schichtweise Bearbeitung der Fläche loten Nähe und Grenzen zum Handwerk und Design aus. Ihre Bilder sind, gemessen an der uns umgebenden Masse an verbildlichten Botschaften, dem Zustand des Eintauchens in Wasser ähnlich: still, unklar, schwebend, verlangsamt und frei von jeglicher Absicht. Das Sehen als solches gewinnt hier an Bedeutung.


    Die Fotografien von Brigitta Fiesel erweitern die Wahrnehmungsgrenze des menschlichen Auges und fügen ihre ganz persönliche Sichtweise im Erbe Otto Steinerts hinzu. Ihre Bilder sind Auseinandersetzungen mit Raum, Perspektive und Licht. Komplexe Schattenwürfe, Spiegelungen, Abstraktion und Interpretation verdichten die Atmosphäre.


    Wilma Hagemann hat durch ihre Vorliebe für die Themen Landschaft - Himmel - Wolken über die Malerei Zugang zu dreidimensionaler Arbeit gefunden. Die Kombination von z.B. Draht und Cellulose, also industriellem Werkstoff und Stoff aus der Natur, reizt sie besonders.


    So unterschiedlich die künstlerischen Mittel sind, finden sich doch Parallelen, Gemeinsamkeiten und Bezüge im Werk der Künstler. Diese zu erkunden und dabei einen Beitrag zum Bau des „begehbaren Schafstalls“ in der Fasanerie Wiesbaden zu leisten, dazu lädt die Ausstellung „Ankes Lieblinge“ ein.


    Die Vernissage findet am Samstag, den 25. November 2017 um 19:00 Uhr im Atelier & Projektraum von Anke Rohde, Kettenbornstraße 3 in 65201 Wiesbaden-Schierstein statt. Nach der Begrüßung und Vorstellung der Künstler werden Anke Rohde und Conny Kempken den Brückenschlag zwischen Kunst und Natur weiterführen. Interessierte sind herzlich eingeladen.


    Die Ausstellung ist geöffnet bis zum 10. Dezember 2017,

    Öffnungszeiten FR, SA, SO 14 – 18 Uhr.


    Neben der Besichtigung zu den regulären Öffnungszeiten gibt es an allen Tagen Künstlergespräche, jeweils um 15:30 Uhr.


    Kontakt:

    Anke Rohde 0179-1047305 mail@ankerohde.de

    Kettenbornstr. 3, 65201 Wiesbaden-Schierstein


    Weiterführende Links:

    http://www.ankerohde.de/

    http://www.angelacremer.de/

    http://www.brigittafiesel.de

    http://www.wilma-hagemann.de/

  • 12-2015 - Wiesbadener Kurier: Anke Rohde hat vor kurzem ihr neues Atelier in Schierstein eröffnet

    Vom städtischen Leben


    Anke Rohde hat vor kurzem ihr neues Atelier in Schierstein eröffnet


    Von Christine Dressler


    Anke Rohde malt seit der Kindheit, studierte aber erst Betriebswirtschaft, bevor sie die Kunst aus Berufung zum Beruf machte. Jetzt eröffnete die 49-jährige Sonnenberger Malerin ein eigenes Atelier in der Kettenbornstraße 3.


    ,,Projektraum" nennt Anke Rohde ihr neues Atelier, weil sie die 80 Quadratmeter nicht nur nutzt, um zu arbeiten. Im früheren Tuchhaus Ambrosius stellt Rohde auch ihre Öl- und Acrylgemälde aus und bietet anderen Künstlern Flächen für Projekte wie jetzt zum Auftakt Martina Pfeffer: Bis Ende 2015 läuft im hinteren Raum ,,pure white", das Perfomancevideo der Mindener Künstlerin zu ihren gefilzten Körperhüllen.


    In Minden fing Anke Rohde schon an, bundesweit auszustellen, bevor sie mit ihrem Mann und den heute 18- und 15-jährigen Töchtern 2007 nach Wiesbaden zog. ln Stuttgart geboren und aufgewachsen wählte sie zwar ,,das Gymnasium nach dem Kunstlehrer und besuchte später viele Kurse", wagte aber lange nicht, der Neigung beruflich zu folgen. Stattdessen studierte sie BWL in Karlsruhe und arbeitete dort bei Hewlett Packard wie in Bremen im Cofltrolling, bis die Familie 2002 nach Minden zog. Hier trat Anke Rohde dem Kunstverein bei und studierte bis zum Zertifikat 2007 an Bremens Hochschule gestaltende Kunst. Erst nach Ausstellungen in Deutschland und London seit 2010 endgültig freischaffende Künstlerin fuhr sie 2013 und 2014 wiederum von Sonnenberg jede Woche zum Studium nach Bonn. Nur eins fehlte Rohde: ideale Räume. ,,Zuhause habe ich nur einen 30-Quadratmeter-Raum im Souterrain und wenig Ruhe", erklärt sie, wie Arbeit und Familienleben kollidieren. 2014 mietet sie bis November ein Atelier im Alten Gericht. ,,Da war ich sehr gerne, aber es gab keine Möglichkeit auszustellen oder richtig zu heizen und bei elf, zwölf Grad konnte ich nicht mehr malen." Wieder auf das Souterrain angewiesen, fuhr das Mitglied im Kunstverein Walkmühle, monatelang auf der Suche nach geeigneten Räumen durch Wiesbaden." Das Glück, diese zum September mit dem aufgegebenen Stoffladen der Familie Ambrosius gefunden zu haben, kann Anke Rohde kaum fassen: ,,Ich bin noch gar nicht angekommen", sagt sie und blickt sich strahlend um: ,,Hier kann ich in der Atmosphäre meiner Bilder die nächsten malen", schwärmt sie, wie perfekt der Laden als Atelier und Galerie ,,zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt".


    Vor der von rund 60 begeisterten Besuchern überlaufenen Eröffnung im November baute Anke Rohde eine Küche ein, trug das wenige Mobiliar zusammen und schützte den Boden im lichtdurchfluteten Eingangsraum vor Farbflecken mit PVC. Hier malt Anke Rohde fast täglich stundenlang an der Staffelei vor dem Fenster auch fotorealistische Stillleben, altmeisterliche Porträts oder in extremen Hochformaten einzelne Menschen mit Blick ins Weite von hinten, aber vor allem an ihrer Serie ,,urban life". Das bezeugt in den Räumen auch die Mehrzahl der zurzeit gut 20 Gemälde. So melancholisch wie lebensbejahend spiegeln sie oft an Schaufenstern Städte wie Düsseldorf, Frankfurt oder jetzt an der Staffelei Gent. Um parallel innen und außen, Emotionen und Zeiten, Sichtbares und Unbewusstes zu reflektieren, legt Anke Rohde zig eigene Fotos übereinander. ,,Die Kamera habe ich immer dabei." Auf der Leinwand korrigiert die Künstlerin mit Vorbildern von Albrecht Dürer bis Edward Hopper Perspektiven und ergänzt in lasierenden Schichten mit vielen Pinseln minutiös Details.


    Ausgleich findet sie in ihrer Familie und Hobbys: ,,Ich arbeite viel im Garten, wandere, fahre Ski und bin gerne in der Natur." Informationen gibt die Künstlerin Anke Rohde direkt im meist freitags von 'l 5 bis 18 Uhr offenen Schiersteiner


    Atelier, Kettenbornstraße 3/ Ecke Reichsapfelstraße, per Mail an mail@ankerohde.de, unter Telefon 01 79-1 047305 und im Internet auf:


    wwww.ankerohde.de.

  • 11-2014 - Katalogtext von Dr. Elke Ullrich: Persönliche Reflexionen des Urbanen

    Persönliche Reflexionen des Urbanen


    von Dr. Elke Ullrich


    In der aktuellen Malerei Anke Rohdes spielt das Urbane, die Spiegelungen architektonischer Formen und seiner Produkte die Hauptrolle. Der Betrachter wird mitgenommen in zuweilen verwirrende Ansichten aus Flächen und Ebenen, die sich wie in einem Kaleidoskop ineinander schieben. Hinter den großen Fassaden der Gebäude verbergen sich sowohl Gegenstände, wie menschlich Persönliches, das die Räume mit Leben füllt und episodenhafte Geschichten erzählen kann. Diese „Innenansichten“ sind Thema zahlreicher Gemälde von Anke Rohde.


    Alles begann mit einem roten Sofa, welches 2004 fotografisch Modell stand für das erste fotorealistisch gemalte Bild. Seine abweisende Rückenlehne sowie die zunächst etwas grob aufgefasste Stofflichkeit des Möbels wird von einem anonymen Foto in eine Perspektive übersetzt, deren Ausschnitthaftigkeit kennzeichnend für viele weitere Bilder sein wird. Teile von menschlichen Dingen übernimmt die Malerin aus Fotos und transformiert sie in Malereistücke, die mit dem Abbild und der sogenannten Wirklichkeit spielen. Die Außenwelt erscheint fokussiert und erhält im malerischen Gewand einen erweiterten „Anschein“: So werden mehrfach isoliert stehende Produkte von Personen gezeigt, die eine andere Sicht auf die Welt zulassen. Die Individuen selbst sind meist in ruhigen, abgespaltenen Aktionen verfangen und verweisen so verschärft auf ihre eigene Situation.


    Anknüpfend werden für die Acrylmalerei zunächst gefundene Fotos, auch aus Tageszeitungen, als Vorlagen genutzt  - so beispielsweise der „Schwimmer“ (2005), der in einem windschnittigem Bildformat seiner kraftvollen Bewegung in einem wogenden Farbenmeer Luft holt. Die Konzentration und die Stärke des Sportlers lassen keine Außenwelt zu. Der dargestellte Mensch und sein Antlitz wenden sich vom Betrachter ab. Diese Haltung zeigt sich auch bei „Esther I“ (2006), einem Bild, in dem für den roten Hintergrund neben dem Pinselstrich auch die traditionelle Stempeltechnik des Linolschnitts zum Einsatz kommt. Niemals blicken wir den Porträts in die Augen, nicht in ihr Inneres. Vielmehr bleiben sie anonym und dennoch erscheinen sie uns auch nah und persönlich, wenn wir ein Detail ins Auge fassen, ähnlich der alltäglichen und bruchstückhaften menschlichen Wahrnehmungsweise. So bleibt der Betrachter immer Zuschauer, manchmal fast Voyeur, wenn er – unterstützt durch die flächig detaillierte Malweise – Einblick nimmt in fremde Interieurs oder Situationen und Aufblick hat auf den öffentlichen Raum.


    Das künstlerische Verfahren, bereits existierende Bilder und vorgefundenes Material in Form von Fotos als Motiv zu nutzen, beruft sich kunstgeschichtlich auf vielfältige Vorbilder; das prominenteste in diesem Kontext ist ohne Frage Gerhard Richter. Sein gigantisch großer „Atlas“ (1962 – 2013), ein thematisch und chronologisch in Bildtafeln sortiertes Kompendium von sowohl öffentlichen als auch privaten Bildern und Skizzen, begleitet den Maler in seiner Laufbahn lebenslang und fungiert zugleich als eine Art kulturelles Bildgedächtnis, das bereits im Titel mit Nachdruck seinen Absolutheitsanspruch im Blick auf die Welt demonstriert. Anke Rohde nimmt nach dem eigenen Erlebnis eines Originals von Richters gemalten Wolkenbildern dieses Motiv zunächst gezielt auf – aus den 2005 entstandenen Wolken wird jedoch 2013 durch Übermalung eine städtische „Fassade“, womit das aktuelle Thema des Urbanen die ehemalige Naturansicht der Wolkenformation im wahrsten Sinne des Wortes überblendet.


    Seit dem Ende der Hochschulzeit verwendet Anke Rohde ferner eigene Fotos, die zuweilen auch Jahre später erst zu Bildmotiven für ihre Acrylmalerei reifen. Ihr Bildfundus entsteht bei Streifzügen in allgemein zugänglichen Räumen und Orten. Persönliche biografische Bilder, wie die der Töchter, finden ebenso Eingang in die Malerei, wie einzelne in Zeitschriften entdeckte Dinge und Kleidungstücke, die über die Jahre in Serien weiterverfolgt werden, die sie „Bildergeschichten“ nennt. Einen Anfang macht 2007 die grüne „Racing.Jacke“ in Acryl auf Leinwand, die in drei Versionen kein menschliches Modell, keine Dynamik, sondern nur sich selbst als Äußeres eines abwesenden Menschen repräsentiert. Sie repräsentiert als eine Art nachmodernes Stillleben eine produzierte Schutzhülle ohne Leben darin – wem gehört sie, wer soll sie kaufen? Das Fehlen von etwas oder jemanden bringt einmal mehr die Spannung in die nur scheinbar unbelebten Welten.


    Die größte seit 2009 fortlaufende Serie stellen die „Chucks“ dar. Diese Kultschuhe, sportiv und lässig und zugleich durch ihr Material dem Alterungsprozess schnell ausgeliefert, zeigen einen Klassiker der Schuhmode, der in seiner Wandelbarkeit als ursprünglich vor rund 100 Jahren in Amerika entwickelter Basketballschuh ohne Konkurrenz ist. So sind auch die „Porträts“ der zahlreichen Chucks zumeist ein individueller Spiegel ihres Besitzers, welcher zu fast jedem Bild bekannt ist. Der Titel der einzelnen Bilder bezeichnet den Tag ihrer Fertigstellung. Die Serie begann allerdings nahezu „politisch“: Einen der ersten Chucks,  den „Chuck 20.01.09“, malte Anke Rohde in Bezug zur historisch bedeutenden Vereidigung von Barak Obama als erstem farbigen Präsidenten der USA und setzte ihn wie ein Denkmal auf ein Motiv der amerikanischen Flagge. Bei den Folgemodellen finden sich häufig inhaltliche Beziehungen zwischen dargestelltem Schuhporträt und dem Hintergrund, wie etwa der Knochenbeton des Hofnachbarn oder der Garten. Formal setzt die Malerin auf den Kontrast zwischen dem klaren Objekt und seinem ornamentalem Hintergrund (ähnlich wie bei den Racing Jacken).


    Diese motivischen Ausschnitte der klaren Bildebenen werden in der Serie „Sanbitter“ seit 2012 gebrochen und greifen im Medium der Ölmalerei das immer wieder kehrende Motiv der Spiegelungen auf. Sanbitter ist ein tatsächlich bitteres Getränk, das vor allem in städtischen Bars gerne als alkoholfreier Likörersatz für Mixgetränke genutzt wird; ein „In-Getränk“, verpackt in einer taillierten Glasflasche im kleinen Format. Doch was ist es noch? Das geleerte italienische Behältnis provoziert durch seine Formschönheit die Verwendung als Vase und mutiert so zu einer oft gebrauchten Neuverwendung, die den Geschmack des Konsumenten ganz nebenbei miterzählt. In der Verschiebung der gemalten Größenverhältnisse bekommt diese zarte, spiegelnde Flasche etwas Monumentales und reflektiert zugleich Schatten ihrer Umwelt, dies jedoch kaum sichtbar. Für Anke Rohde ist es ein Sujet, verbunden in der Tradition des Stilllebens. Hierbei werden jedoch keine symbolischen, sondern zunächst formale Aspekte in den Vordergrund gestellt. Die Blumen aus dem heimischen Garten bevölkern das Haus der Malerin zu Frühlingsbeginn und platzieren zugleich ihre Variationen als Modell in dem wohlproportionierten Behältnis: Schnittlauch, Jasmin und Vergissmeinnicht stehen für sich im leeren Raum, der keine tatsächliche Verortung zulässt und erinnern in ihrer gläsernen, kaum merklichen Differenz zuweilen an die konzeptionell seit fünfzig Jahren täglich gemalten Gläser von Peter Dreher.


    Ähnlich allein wirken Anke Rohdes Figuren, die uns den Rücken zukehren, vor dem Hintergrund einer grauen Fläche zu sehen sind und selbst als Betrachter agieren, die Blickachse des Betrachters ins Nichts fortsetzend. Entsprechend ihrer undefinierten Umwelt sind diese zwischen 2006 und 2013 entstanden Werke mit „Monochrom I – V“ betitelt – abermals schwimmt die Bildebene hinweg und hinterlässt Irritation. Anke Rohde steht in der fotorealistischen Malereitradition, die bereits in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts mit Lichtreflexen, Spiegelungen und Oberflächenstrukturen wesentliche Aspekte der Malerei – Licht und Farbe – auslotete und für Furore sorgte, wie beispielsweise die Malerei von Richard Estes. In diesem thematischen Metier ankern die urbanen Überblendungen, die regionale Stadtsituationen von Flughäfen, Banken und Schaufensterfronten neu beleuchten, wie beispielsweise bei „Repeat, Frankfurt“ von 2014. Auch in Bildern wie „Travel Value“ oder „Lunch Time“ (beide 2012), gewinnen bei aller Detailtreue Ansichten von Flughafen- oder Bankgebäuden etwas Abstraktes und reflektieren hierin die allgegenwärtigen Fragen der Kunst: Was ist echt, was Kulisse oder Illusion? Wo ist die Naturnachahmung zu weiteren Ebenen fähig und, vor allem, wo in diesen Räumen ist der Mensch verortet? Anke Rohde spürt diesen Fragen nach – immer auf der Suche nach der eigenen malerischen Perfektion.


    © Dr. Elke Ullrich


    Dr. Elke Ullrich arbeitet als freie Kunstwissenschaftlerin und Autorin. Sie lebt in Wiesbaden und ist im Vorstand des Nassauischen Kunstverein.

  • 10-2013 - Donaukurier: Anke Rohde ist in diesem Jahr die Gastkünstlerin von Susanne Steibl-Winter

    DONAUKURIER BEILNGRIES


    erstellt am 11.10.2013 um 18:56 Uhr

    aktualisiert am 31.01.2017 um 22:46 Uhr


    Anke Rohde ist in diesem Jahr die Gastkünstlerin von Susanne Steibl-Winter


    Viel Liebe zum Detail


    Beilngries (arg) Ein rotes Sofa „möglichst detailgenau zeichnen“, das war eine Aufgabe, die Anke Rohde während ihres Studiums gestellt bekam. Und ihr erster Gedanke damals, daran erinnert sie sich noch genau, war: „So etwas Doofes!“


    »Nichts kann so abstrakt sein wie die Realität«: Unter diesem Motto zeichnet die Wiesbadener Künstlerin Anke Rohde Szenen aus dem Alltag. Dieses und kommendes Wochenende stellt sie gemeinsam mit Goldschmiedin Susanne Steibl-Winter ihre Werke im Roßturm aus. - Foto: Adam


    Zwar hatte sie schon als Kind gern gemalt, ihr Leben lang begeistert mit Farbe und Leinwand gearbeitet, aber bis dahin doch eher abstrakte Werke geschaffen. „Dann aber hat dieses reale Abzeichnen so viel Spaß gemacht, ich war begeistert“, sagt die Künstlerin heute. Und sie ist beim gegenständlichen Malen geblieben. Ihre Motive findet sie im täglichen Umfeld, zeichnet mit viel Liebe zum Detail ganz Alltägliches wie Turnschuhe, Kleidungsstücke und Menschen, widmet sich Sanbitter-Flaschen und Blumen. Ihr Lieblingsthema derzeit: Reflexionen und „Urban life“, Städteszenen mit Rolltreppen in Kaufhäusern oder Hochhäusern, in denen perfekt inszenierte Lichtspiegelungen die Betrachter fesseln.


    41 ihrer Werke stellt die Wiesbadener Künstlerin derzeit im Roßturm Beilngries aus, gemeinsam mit der Beilngrieser Goldschmiedin und Designerin Susanne Steibl-Winter (kleines Foto), die wieder einen Einblick in ihre neueste Goldschmuckkollektion gibt. Perlen, Diamanten und Turmalinsteine hat Steibl-Winter verarbeitet, zu filigranen Ketten, auffälligen Ringen und außergewöhnlichen Ohrringen. „Ein großes Augenmerk habe ich wieder auf Trauringe gelegt“, verrät die Künstlerin, die alle ihre kostbaren Schmuckstücke liebevoll in Glasvitrinen präsentiert.


    Von der Vielfalt der Ausstellung überzeugte sich bei der Vernissage auch Vizebürgermeister Manfred Thoma (BL/FW) und bewunderte Schmuckstücke und Gemälde gleichermaßen. Ihn freute es natürlich sehr, dass Anke Rohde nur lobende Worte für Beilngries fand. „Es ist wirklich schön hier. Ich habe nun sogar meine ganze Familie eingeladen und wir werden hier Ferien verbringen“, sagte Rohde. Geöffnet ist die Ausstellung von „Turmalin, Atelier für Gold und Farbe“ im Roßturm diesen Samstag und Sonntag sowie am Samstag, 19. Oktober, und Sonntag, 20. Oktober, jeweils von 14 bis 18 Uhr. Nähere Informationen über das Projekt Turmalin, über die bisherigen Ausstellungen und die Künstler sind im Internet unter www.turmalin-beilngries.de nachzulesen.


    Von Regine Adam

  • 03-2013 - Kunstpreis der Sparkasse 2013: Einführung zur Ausstellung von Pia Müller-Tamm

    „Zwischen-Räume“.


    Kunstpreis der Sparkasse 2013


    Gestatten Sie, meine Damen und Herren, dass ich zum Eingang meiner Rede über die Werke der Preisträger den Horizont öffne und eine kurze Überlegung über das Raumdenken in der Gegenwart anstelle.


    Welchen Raum meinen wir, wenn wir über Raum sprechen?


    Nach den geopolitischen Obsessionen, Expansionen und Verlusten des 20. Jahrhunderts war der Raum als theoretischer Begriff über längere Zeit kontaminiert; er erschien unbrauchbar, weil er mit Machtdenken und Besitzergreifung identifiziert wurde. Es hat viele Jahrzehnte gedauert, bis der Raumbegriff wieder für wissenschaftliche Theorien und künstlerische Fragen offen stand. Doch dies ist nun seit mindestens zwei Jahrzehnten der Fall: Wir erleben einen erstaunlichen Zuwachs an Themen und Theorien, die sich auf den Raum beziehen. Wir bestimmen heute unser Weltverhältnis nicht mehr vorrangig über Phänomene der Zeit, die die Leitkategorie der fortschrittsgläubigen Moderne war, sondern über unser Raumverhältnis.


    Gerade von Karlsruhe gingen weithin wahrgenommene Impulse für das Raumdenken aus: Peter Sloterdijk hat sich mit seiner Sphären-Trilogie als Experte für die metaphysische und terrestrische Bewohnbarmachung der Welt erwiesen. Hegels Bestimmung, Philosophie sei ihre Zeit in Gedanken gefasst, hat er die Forderung entgegen gestellt, Philosophie solle ihren Raum in Gedanken fassen.


    Nach dem linguistic und zeitgleich mit dem iconic turn erleben die Geistes- und Kulturwissenschaften den topografical oder spatial turn, also die Wendung zum Raum in seinen vielfältigen Auslegungsmöglichkeiten.


    Denn Raum ist gleichermaßen urbanistisch oder architektonisch markiert, er ist psychisch, sozial und geschlechtlich besetzbar – das Stichwort heißt hier gendered spaces -, er kann sich als virtueller Raum entgrenzen und er ist natürlich ein wesentliches Paradigma künstlerischen Denkens in der Gegenwart. Gemeinsam ist all diesen Auslegungen, dass Raum nicht als einfach physisch vorhandener oder unveränderlich gegebene Wahrnehmungsbedingung verstanden wird, sondern als kulturell geprägte und von Menschen veränderbare Größe.


    Zeitgenössische Raumtheorien sind vor allem Zwischen-Raum-Theorien, das heißt sie sind weniger an den alten, fest bestimmten Räumen interessiert als an Formen der Öffnung, der Perforierung und der Verflüssigung des Raumes. Heute geht es vor allem um Vermittlungen zwischen Räumen, um Zonen des Übergangs, um Schwellen und Schnittstellen. Über den Raum als Zwischenraum gewinnen wir Zugang zu bis dahin marginalisierten Räumen und zu verborgenen Botschaften, die es erst zu entziffern gilt.


    Dass dieses Thema auch in den Künsten Konjunktur hat, beweist die stattliche Anzahl an Einreichungen für den Kunstpreis der Sparkasse 2013. 438 Künstler und Künstlerinnen loten die Potentiale des Themas aus. Nicht alle schwenken dabei in das Diskursfeld neuerer Theorie ein, denn „Zwischen“ kann einfach auch heißen, dass ein Ort durch zwei Begrenzungen klar und eindeutig definiert ist. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn sich Durchsichten zwischen zwei Begrenzungen ergeben. Venedig scheint der locus classicus für spektakuläre Durchblicke zu sein: Claus Delvaux und Manfred Hönig geben realistische Darstellungen der Lagunenstadt, einmal der Blick auf einen Palazzo, einmal in die enge Passage zwischen zwei Häuserzeilen. Sehr viel knapper dagegen die Arbeit von Kiyoun Kim, der den Blick wie aus einer Höhle nach draußen richtet, wobei das Weiß im Zentrum seines großformatigen Zeichenblattes als Himmel und als Leere gleichermaßen lesbar wird.


    Hermann Günther und Gerd Konrad geben uns ich ihren Bildern Orte im Übergang, denen eine Zeitkomponente eingeschrieben ist: die durch Vegetation überwucherte Ruine, in der sich Natur und Kultur zu einem faszinierenden Hybrid zusammenfinden bei Günther, und bei Konrad die moderne Glasarchitektur, deren perfekt spiegelnde Oberfläche im Prozess des Abbruchs aufgerissen ist und Blicke in ihr chaotisches Innenleben freigibt – ein modernes Vanitas-Bild.


    Oft stehen Zwischenräume im Gegensatz zu beseelten und eingewohnten Räumen, in denen Menschen ihre Behausung finden. Aber es gibt Ausnahmen: So Werner Brandts Bilder im Flur zwischen Atelier und Kinderzimmer. Hier erweist sich das Interieur in bester abendländischer Tradition als Ort der Aneignung und der Verarbeitung von Welt. Die gestapelten Kunstwerke geben ebenso wie die herumliegenden Gegenstände Zeugnis von ihren Besitzern, den Bewohnern des Interieurs. Veit Seckendorf steigert in seinem Gemälde Was bleibt? mehrere Innenräume zu einer surreal verschachtelten, klaustrophobischen Raumfolge, an deren Ende ein einsames Kind seinen Platz gefunden hat, während Katharina Veerkamp in Raumfilter I mit Spiegeleffekten die räumliche Situation zwischen Innen-und Außenraum suggestiv verunklärt. Der wohlgefügte Innenraum gerät genau dort aus den Fugen, wo er sich mit dem Außerhalb verschränkt: an der gläsernen Tür.


    Dass sich Räume einer eindeutigen Zuordnung zwischen innen und außen entziehen können, dass sich in ihnen etwas Unbestimmtes, Transitorisches zeigt – diese Annahme scheinen viele der hier gezeigten Künstler zu teilen. Betrachten wir zum Beispiel den Schwellenraum, wie er von Anne Janoschka gesehen wird: In ihrem Bild Die Schläfer sehen wir vereinzelte Füße und Hände von Menschen zwischen dem Interieur eines Eisenbahnabteils. Privater Rückzug und halböffentlicher Raum gehen hier eine skurrile Mischung ein, die von flächigen Bildstrukturen alogisch überlagert wird. Die Welt des Verkehrs, der Reise, die das Individuum dem Provisorischen und Ephemeren übereignet, diese Welt der Transiträume dehnt sich in unserer Realität immer weiter aus. Und man ist geneigt, hier die Unterscheidung des französischen Anthropologen Marc Augé zu zitieren, der von „Orten“ und „Nicht-Orten“ spricht: Im Gegensatz zu den alten, identitätsstiftenden Orten sind Augés Nicht-Orte solche ohne Zentrum, ohne Geschichte, ohne Identität. Typische Nicht-Orte sind alle mobilen Behausungen und alle Transiträume wie Flughäfen, Bahnhöfe, Raststätten, Freizeitparks. Anke Rohde hat den Transitraum des Flughafens unter dem Titel Travel Value ins Bild gebannt: ein hochglänzender Fußboden als leere Mitte um die verschiedene Mobilitätshilfen angelagert sind – die Rolltreppe, der Fahrstuhl und unterschiedliche, flughafentypische Fortbewegungsmittel an einem beinahe menschenleeren Ort.


    Nicht-Orte geben vielfach Gelegenheit zur Erfahrung einsamer Individualität und nicht-menschlicher Kommunikation. Hier herrscht die Welt der Zeichen und der Signale. Nicht-Orte sind keine Handlungsräume, sondern solche, in denen nomadisches Verhalten wie Streunen, Eilen und untätiges Warten vorherrschen. In diesem Sinne interpretiert Monika Geisbüsch in ihrem Gemälde Warten die Akkumulation von Signets und die Kommunikation mittels neuer Medien als Zeichen von existentieller Einsamkeit. Zwei Männer im Nicht-Ort der Shopping Mall oder des Bahnhofs, isoliert voneinander, aber vertieft in ihre Mobiltelefone, Smartphones oder Blackberrys: der Zwischen-Raum als Ort der verfehlten zwischenmenschlichen Kommunikation und der gestörten Teilhabe am öffentlichen Leben.


    Zwischenräume sind auch Möglichkeits-Räume, die sich als Frei-Räume neue besetzen lassen, die von abgründigen, grotesken, hybriden oder geschlechtlich ambivalenten Gestalten bevölkert werden. Gegenwelten zu den uns vertrauten sehen wir in der schwülen Haremsphantasie von Manfred Seifert, Alptraumartiges in dem Hochbahnszenarien mit wilden Tieren bei Elke Schober und Lars Henning, Surreales in Wolfgang Vogts Dimension betiteltes Bild, in dem die Möglichkeiten der digitalen Bildgenerierung zu einer absurden Konstellation von Innen- und Außenräumen mit Menschen, Tieren und kryptischen Zeichen zwischen Himmel und Erde führen. Mauern, Schwellen und Grenzen sind relative Begriffe, die sich digital problemlos zu einem phantastischen Bild fügen lassen.


    Überhaupt ist der virtuelle Raum der Möglichkeitsraum par excellence. Digitale Visionen scheinen alle raumbildenden Fiktionen unserer menschlichen Vorstellungskraft zu übersteigen. Das Prinzip des Unbegrenzten, der fließenden Übergänge und des Unabsehbaren und des Unbestimmten sind in digitalen Zwischenräumen allgegenwärtig. Doch der digitale Raum ist in doppelter Weise markiert: Einerseits im Sinne der vollkommenen Grenzenlosigkeit, andererseits jedoch im Sinne der Informatik durch die einfache Dualität des binären Codes der Zeichen von 0 und 1. Diese digitalen Codes stehen gerade nicht für ein Dazwischen, sondern für einen letztlich nicht hintergehbaren Systemlogik der an-oder abwesenden Zeichen, die kein verbindendes Drittes kennt. Der binäre Code 0 und 1 steht für Ja/nein, an/aus, für eine Welt, in der es sinnlos ist, nach Zwischenräumen zu suchen.


    Diese Ambivalenz der digitalen Welt scheint das Thema von Christian Ulrichs 3D-Grafik The Truth lies in between zu sein. Wir sehen in einer Tiefenflucht zwei sich vielfach überlagernde digital hergestellte Schriftwände, links in schwarzen Buchstaben Black, rechts in weißen Lettern White. Der simple Gegensatz von Schwarz und Weiß kippt in eine überkomplexe Bildstruktur, die sich schluchtartig in den Bildhintergrund verjüngt und sich anschaulich nicht mehr entziffern lässt. Der Künstler scheint hier auf die generelle Unvereinbarkeit zweiwertiger Systeme mit dem Raum der Wahrheit, der immer ein Zwischen-Raum jenseits einfacher Oppositionen ist, hinzuweisen.


    Zurück von der digitalen in die analoge Welt. Eine Reihe der Künstler/innen arbeitet mit plastischen oder reliefartigen Bildstrukturen, bei denen physische Zwischenräume ganz konkret zwischen Schichten oder Elementen des Bildes entstehen, so bei Norbert Huwer in seiner Arbeit mit dem Titel Zwischen Räumen nichts versäumen oder bei Volker Tinti in Räumliche Konzentration II. Während sich die genannten Künstler im geometrischen Formenrepertoire der konkreten Kunst bewegen, sehen wir in Jin Sue Rhees mehrschichtiger Collage faszinierende Mikrokosmen aus Papierschnitten und Faltungen, die Durchblicke auf pittoreske Häuserlandschaften eröffnen. Zwischenräume nisten sich auch zwischen die Ebenen von Harald Kröners Papierarbeit Cut # 18 ein, in dem er ein zartes Relief von horizontalen Papierbahnen und vertikalen Stegen formt.  


    Ich komme zu den Preisträgern.


    Michael Rausch hat die Jury mit seiner großformatigen Radierung Heu überzeugt. Technisch perfekt zeigt uns der Künstler die horizontalen Furchen eines mit Heu belegten Feldes. Jeder einzelne Halm scheint identifizierbar. Aber in der Nahsicht zeigt sich eine Struktur, bei der die Zwischenräume zwischen den Elementen des Bildes, die dunklen Zonen zwischen den Halmen und Stoppeln des Heus für das Ganze des Bildes ebenso wichtig erscheinen wie das Heu selbst. Wir haben es hier mit der Fortschreibung des klassischen Themas des modernen Bildes  - spätestens seit Cézanne – zu tun, mit der sich wandelnden Bedeutung von Figur und Grund, mit der Äquivalenz von Bildgegenstand und den Zonen zwischen den Gegenständen. Logische Folge dieser unhierarchischen Bestimmung aller Elemente innerhalb des Bildes ist die Öffnung hin zum Außerhalb. Es weist über seine Grenzen hinaus. Michael Rausch zeigt uns gleichsam nur einen kleinen Ausschnitt aus einem endlosen Kontinuum des Feldes. Diese einfache und komplexe Bild erschien der Jury als preiswürdig.


    Richard Williams, der Gewinner des zweiten Preises, gibt ganz im Gegensatz zur offenen und unhierarchischen Bildstruktur bei Rausch eine markante Übergangszone, einen kritischen Ort – dort, wo die Protagonistin des zweiteiligen Bildes, eine weiß-grau gefleckte Schildkröte, dem bedrohlichen Netz einer Fischreuse entkommt, um sich in die grenzenlose Weite des Meeres zu begeben. Zwischenraum wird hier als Freiraum pointiert, als Weg ins Offene. Zweifellos geht es Richard Williams auch um die Unterschiedlichkeit von Materialien, die sich in gegensätzliche Bildstrukturen übersetzen: die Gitterstruktur des Netzes, die amorphe Textur der Haut des Tieres, die monochrome Fläche des Wassers – ein lapidares, ein höchst ungewöhnliches Bild, dessen Suggestionskraft sich der Betrachter schwer entziehen kann.


    Vom Feld über das Wasser wieder zurück aufs Land, auf den Hühnerhof und zur Gewinnerin des 1. Preises. Agnes Märkel gibt uns kein ländliches Idyll, sondern – wie der Titel schon sagt – eine Kampfzone: ein aggressives Ineinander von Federvieh, Hahnenkämpfe, übersetzt in eine dichte pulsierende Textur.


    Agnes Märkels Kunst handelt immer von Zwischenräumen. Das liegt schon an ihrer Methode der Bildherstellung, in der die Einheit des Bildes aufgebrochen wird, das Bild in einzelne Fragmente zerfällt, um zu einer neuen künstlerischen Einheit wieder zusammen zu finden. Ausgangspunkt ihrer Arbeit war die Fotografie eines Hühnerhofs. Bekanntlich sind Zwischenräume hier nicht zufällig, sonder EU-weit geregelt und kontrolliert. Will eine Landwirtschaft als Bio-Hof zertifiziert werden, so sollte der Bauer auf angemessene Zwischenräume zwischen den Tieren achten.


    Agnes Märkel hat ihr Ausgangsmaterial, das Foto vom Hühnerhof, bearbeitet, hat das Bild in 24 quadratische Felder zerschnitten und anschließend jedes zweite dieser Quadrate seitlich verschoben, sodass sich ein schachbrettartiges Muster ergab. Die Einheit des fotografischen Bildes und die Fotografie als dokumentarisches Medium wurden dadurch zerstört und innerbildliche Zusammenhänge unterbrochen. Die so entstandenen Zwischenzonen hat die Künstlerin mit Pastellkreide zeichnerisch ergänzt. Souverän überspringt die Künstlerin Zwischenräume – zwischen System und Chaos, zwischen dem strengen Schachbrettmuster und der irregulären Ansammlung der Tiere, zwischen den Medien Fotografie und Zeichnung. Es lohnt, sich dieses neu entstandene dichte Gewebe des Bildes im Wechselspiel von Nah- und Fernsicht zu betrachten. Kampfzone ist ein Unruheraum, der auch uns als Betrachter in Bewegung versetzt – ein Vexierspiel für die Augen und den Geist – in jedem Fall eine höchst preiswürdige Arbeit.


    Ich gratuliere allen Preisträgern herzlich und wünsche Ihnen, meine Damen und Herren, eine anregende Begegnung mit den Werken der Ausstellung.


    Pia Müller-Tamm

  • 09-2023 - Art Profil Kunstmagazin: ARTe Wiebaden - Renommierte Kunstmesse erneut in der Hessen-Metropole präsent

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ARTe Wiesbaden 2020

Anke Rohde im Interview mit Markus Brock von RTL auf der ARTe 2020

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